Warum Schach nicht olympisch ist!

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Am Freitag beginnen die 30.Olympischen Spiele in London. Ein Blick auf die offizielle Website dieser Sportveranstaltung offenbart uns die wunderbare Welt des Unsinns. Unter anderem olympisch: Synchronschwimmen (sie kennen das, ein paar nette junge Damen mit Wäscheklammern an den Nasen strecken möglichst gleichzeitig Beine und Arme über die Wasseroberfläche, während sie krampfhaft versuchen die hübsch-frisierten Köpfchen unter Wasser zu lassen, dazu läuft eingängige Schnulzenmusik – bevorzugt André Rieu -, ein Erlebnis für die Sinne!) , oder Trampolin (unwillkürlich erwartet man den Augenblick an dem einer der Springer nach einem 10-Meter Salto auf die Bande aufschlägt !).

Leider hat es unser Schachsport mal wieder nicht in das Turnier geschafft, aber warum auch, wir haben doch eine eigene Schach-Olympiade!

Trotzdem ist das schade, vielleicht sollten wir mehr auf die modernen Varianten des Schachsports setzen, z.B.das Schachboxen, da kann man entweder durch K.O. oder Schachmatt verlieren, das kommt dem Publikum entgegen, da werden niedere Instinkte angesprochen, es kann Blut fließen, es spielen sich im Ring und am Brett menschliche Tragödien ab. Oder vielleicht sogenanntes Konditionsschach (so ein Turnier habe ich mal in Frankreich gespielt), dabei befindet sich die Schachuhr ca.25 m vom Schachtisch entfernt, mit der entsprechenden körperlichen Fitness lassen dabei auch gestandene Großmeister mit Leichtigkeit an die Wand spielen, wahrscheinlich würde Usain Bolt locker gegen Vishy Anand gewinnen, das wäre doch ein großes „Plus“ für die Schachszene, meinen Sie nicht auch?
Der eigentliche Grund aber, warum Schach nicht olympisch ist: Wir haben keine ordentlichen Skandale. Dabei wäre das doch so einfach umzusetzen, immerhin gelten doch auch im Schach seit einiger Zeit die Anti-Doping-Richtlinien. Das bedeutet: Gleiches Recht für alle!
Aber hat sich bisher jemand ernsthaft darum gekümmert?  Wir brauchen dringend den ersten Dopingfall im Schach: Anand auf Ephedrin, Kramnik positiv gestetet auf EPO, Carlsen putscht sich mit Marihuana auf der Toilette auf, das sind die Schlagzeilen die wir brauchen.

Stellen sie sich das mediale Echo vor, man würde über uns Schachspieler sprechen, Bildzeitungs-Reporter würden Schachtraingscenter und Spielstätten weltweit belagern, die Paparazzi würden Paris Hilton links liegen lassen und statt dessen das Privatleben Alexandra Kosteniuks durchleuchten. Im Nu wäre unser Sport olympisch, denn da bietet sich für das sensationshungrige Publikum die perfekte Bühne.

Also in diesem Sinne, lasst uns daran arbeiten, ich sage: Dabei sein ist alles, na denn Prost!

© Mathias Guthmann für SC uBu

Mathias

Über den Autor: Mathias Guthmann schreibt unter anderem für kulinarische Zeitschriften und den Schachsport. Seine Essays und Kurzgeschichten haben eine hohe Reichweite und werden in verschiedensten Fachmagazinen, auch international, publiziert. In der freien Wirtschaft berät der Autor eine Firma zu PR-Strategien.

Dieser Beitrag hat 13 Kommentare

  1. Marcus

    Mathias spricht mir aus der Seele. À propos: Warum Schach kein richtiger Sport sei!

    Schon unzählige Male hörte ich „Schach ist ja kein richtiger Sport“, meistens ohne Zusammenhang zum Gespräch und ohne mich erinnern zu können, dass ich in irgendeiner Weise den sportlichen Aspekt des königlichen Spiels besonders betont hätte. Mich kränken solche Aussagen immer sehr, nicht persönlich, sondern wegen meiner Liebe zum Schach. Man merkt mir das schnell an, deswegen wird oft revidiert mit Aussagen wie „Na ja, zumindest ist Schach kein körperlicher Sport“… Die offenbarte Geringschätzigkeit, Ignoranz sowie mangelndes Verständnis und Reflexion nimmt jedoch mit jedem weiteren Satz stets zu. Es ist müßig.
    Selbstverständlich ist Schach ein Sport, zugegebenermaßen ein ungewöhnlicher. Warum Aussenstehende immer wieder zu diesem Trugschluss „Schach ist kein richtiger Sport“ kommen, lässt sich vielleicht folgendermaßen beantworten: Zunächst ist die Aussage sogar wahr, denn es gibt keinen „richtigen Sport“; der Sportbegriff hat weder etwas mit Aussagenlogik noch etwas mit Moral zu tun. Daher gibt es weder „richtigen“ noch „falschen“ Sport. Dann haben Aussenstehende oft keine Ahnung von Wettkampfpartien und fast immer eine sehr verworrene Begriffsdefinition von „Sport“, falls ihnen überhaupt auch nur ansatzweise klar ist, was sie von sich geben. Oder das Gegenteil mag auch bei wenigen zutreffen – weil Schach noch so viel mehr ist als nur Sport messen sie der sportlichen Dimension keine Bedeutung zu. Zudem gibt es noch jede Menge Umkehrschlüsse: „Schach kommt nicht im Sportkanal, also ist es kein Sport.“, „Schach ist nicht olympisch, also ist es kein Sport“, „Keiner von meinem Stammtisch sieht Schach als Sport, also…“ etc. Im Zusammenhang finde ich persönlich die Namensgebung des neugegründeten Bruchsaler Schachvereines sehr cool: SSV Bruchsal, „Schach-Sport-Verein“, äußerst durchdacht!
    Wer nun hoffte, ich würde in irgendeiner Weise auf die Fragestellung „Warum ist Schach (k)ein richtiger Sport?“ eingehen, sei hiermit enttäuscht. Ich liefere keine Definitionen und erörtere kein Pro und Contra, nein, ich amüsiere mich lediglich darüber. Der Smart ist ja schließlich auch kein richtiges Auto. Zumindest kein normal-großes Auto. [GNU\]Linux ist ja auch kein richtiges Betriebssystem, zumindest kein Windows. Cocorosie ist keine richtige Musik, zumindest sind sie nicht in den Charts. Ich bin kein richtiger Mann, zumindest habe ich noch keinen Baum gebaut, keinen Sohn gepflanzt und kein Haus gezeugt, und this is not a love song.
    Doch unabhängig davon, dass es sich bei Schach um keinen „richtigen Sport“ im Auge der Öffentlichkeit handelt und wir Schachvereine dennoch jährlich Abgaben an den badischen Sportbund bezahlen, müssen wir uns mit Schach tatsächlich nicht hinter Randsportarten wie das von Mathias genannte Synchronschwimmen oder Trampolin verstecken. Ich wünschte, ich würde aus gegebenen Anlass auf nahezu jeder Schachseite dieser Welt einen ähnlich süffisanten Artikel lesen wie Mathias‘!

    Darüber hinaus wird es wohl mit Dopingskandalen allein noch nicht getan sein. Gewiefte PR-Leute sind dringend vonnöten, denn unter einem hinreichenden medialen Echo stelle ich mir Folgendes vor:
    – TV-Präsenz: Alternde Großmeister, welche peinlich berührt unter die 2300 Elo rutschen, sieht man im TV als Dschungelcamp-Kandidaten.
    – Vermischung der Schachszene mit wichtigen Prominenten anderer Sparten der Regenbogenpresse: Georg Meier bändelt mit Helene Fischer an, Florian Silbereisen findet das aber nicht so schlimm, denn er hat schon längere Zeit etwas mit einem DSB-Funktionär am Laufen.
    – Verbale Entgleisungen nach aufwühlenden Partien: Aljechin sprach seinerzeit vom „feigen Judenschach“, kommt heute bestimmt immer noch gut an.
    – erbitterte Rivalitäten: „Ob ich dieses Jahr die 2800 knacke, vermag ich nicht zu sagen. Wichtig ist, ich bin vor Prolo-marjow!“
    – neue Stilblüten: „Ob durch Generalabtausch oder Dauerschach – Hauptsache den vollen Punkt!“
    – peinliche Interviews: „Welches Schach? Ich stand die ganze Partie nie im Schach! Deine Mutter steht im Schach, Altah!“
    – Schach-Hooligans

    Dann hätten „wir“ es geschafft, dann wäre eine Olympiateilnahme nur noch eine Formalität. Es wäre damit auch der Zeitpunkt, an dem ich mit der Schach-Szene nichts mehr zu tun haben wollte.

    1. Mathias

      danke Marcus, ein sehr guter Kommentar. Mein Artikel ist als kleine Glosse gedacht…Sehr interessant: der Text macht im Internet fröhlich die Runde, auch auf österreichischen Websites ist er schon veröffentlicht! Greetings, Mathias

  2. Verena

    Vielleicht wird Schach nicht als Sport angesehen, weil alle als Sportarten etwas wichtiges gemeinsam haben: Körperliche Ertüchtigung! Oder wird um die Wette lesen jetzt die neueste Sportart?

    1. Mathias

      danke für den Einwand, wann findet denn die Weltmeisterschaft im Wettlesen statt?
      Im Schach gab es kürzlich eine zwischen Vishy Anand und Boris Gelfand…

    2. Sven

      Mit „Körperliche Ertüchtigung“ hat das nichts zu tun. Schließlich ist auch „Schießen“ olympisch! Vielmehr ist es wahrscheinlich die fehlende „Niedrigschwelligkeit“. Die Zuschauer müssen dem Wettstreit folgen können – auch ohne irgendwelche Ahnung davon zu haben. Man muß SOFORT sehen, ob eine Aktion gut oder schlecht war – damit man an der richtigen Stelle jubeln kann.

      1. Sven

        Mein Kommentar bezieht sich auf das Topic „Warum Schach nicht olympisch ist!“ – ist aber eine Reaktion auf den Kommentar von Verena… (ein wenig irretierend)

      2. Mathias

        ja, genau so ist es!

    3. Marcus

      Ey Verena! Cooler Kommentar, trifft genau meinen Humor! Enorm ironisch, genau worauf ich hinaus wollte: Falls Du weiblich bist und meinen Musikgeschmack teilst, will ich mehr von Dir, andernfalls würde ich gerne ein Bier mit Dir trinken gehen!

  3. Dauerdenker

    Ich spiele seit einem Monat begeistert Schach und finde es eigentlich auch ganz schade, dass Schach nicht Olympisch ist, da wenn man sich in das Spiel hineinversetzt eine riesen Spannung aufkommen kann.
    Das muss man dem Nichtwissenden Publikum irgendwie vermitteln können. Eine Ide dafür habe ich nicht, aber ich weiß, dass solche Beiträge nur die Schachbefürwörter aufwühlt und mehr nicht. Es bringt doch auch nichts über andere Sportarten herzuziehen. Wenn du möchtest, dass Schach respektiert wird, respektiere auch andere Sportarten!
    (Um auch mal einen Contra-Kommentar zu geben;P)

    1. Mathias

      Welche anderen Sportarten? Habe ich außer Schach noch eine erwähnt?
      Trotzdem Meci für den Beitrag…

      1. Dauerdenker

        Synchronschwimmer und Trampolin…Über beides geredet, als wäre es nicht ernst zu nehmen.

        1. Mathias

          Wunderbar, jetzt hast du es verstanden, genau so ist es!

          1. Dauerdenker

            Jetzt fühl ich mich aber veräppelt xD

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