Licht und Schatten im Pokal

Gestern ging es im Pokal gegen die Schachfreunde aus Karlsdorf. Unsere Aufstellung:
1. Marcus Krug, 2. Mathias Guthmann 3. Thomas Ballester und 4. Moritz Kühner.

An dieser Stelle zunächst einmal ein ganz großes Dankeschön an unseren neuen Vereinskollegen Thomas Ballester, ohne seine spontane
Zusage am Kampf teil zu nehmen, und ohne seine fahrerischen Künste wäre unser Auftritt in Karlsdorf ein logistischer Kraftakt geworden.
In seiner Eigenschaft als Feinschmecker brachte er sogar eine Box mit Dampfnudeln und Zwetschgenkuchen mit, mmh!
Mit leichter Verspätung erreichten wir das Karlsdorfer Spiellokal, es befindet sich recht abgelegen am Waldesrand, direkt im ortsansässigen Kleintierzuchtverein.

Spielbeginn war um 09:00 Uhr, man sollte – auch im Pokal – diese frühen „Anstoßzeiten“ überdenken, manch einer ist zu so früher Stunde noch nicht auf dem geistigen Leistungsniveau, das für eine starke Vorstellung in einer ambitionierten Schachpartie verlangt wird.

Der SC uBu ging als die leicht favorisierte Mannschaft in die Begegnung, bald schon stellte sich heraus, dass der Kampf auf Augenhöhe geführt wurde.

Moritz Kühner spielte an Brett 4 gegen Martin Gern (DWZ 1640). Gern lieferte eine fragwürde Interpretation der Sizilianischen Eröffnung, ein Umstand der von unserem Moritz schnell realisiert wurde, da macht sich das samstägliche Training bemerkbar!
Nach einem für diesen Stellungstyp ungewöhnlichen Springerabtausch kam Gern schnell auf die Verliererstraße. Moritz erhöhte den Druck, und nach dem Dameneinschlag auf
f7 mit Mattdrohung gab Gern auf. Es stand 0:1 aus Karlsdorfer Sicht, bei mir machte sich vorsichtiger Optimismus breit.

Thomas Ballester ist als mutiger „Gambiteer“ bekannt, und getreu seinem Motto: „Geben ist seliger denn nehmen“ zog er das riskante Englund-Gambit aus der Tasche. Diese
Eröffnung ergibt sich nach den Zügen 1.d4 e5. Auch wenn das Englund-Gambit  nicht  als streng korrekt gilt und deswegen in professionellen Turnieren allenfalls am Rande anzutreffen ist, führt es zu einem scharfen, verwicklungsreichen Spiel und erfreut sich deswegen im Bereich des Amateurschachs und des Fernschachs einiger Beliebtheit. In dieser Partie jedoch konnte sich Thomas leider nicht mit seinem farbigen Spiel durchsetzen, sein Gegner Herbert Bolz (DWZ 1657) errichtete auf der d-Linie eine „Drucksäule“ (Fachbegriff für eine Ansammlung von mindestens 3
Schwerfiguren auf einer Linie, mitgeprägt von unserem Kollegen Wolfgang Henn) und hatte entscheidenden Angriff, der Ausgleich für die Karlsdorfer Schachfreunde.

Hier gibt es einen sehr guten Essay über das Englund-Gambit: Visiting Planet Englund

An Brett 1 spielte Marcus Krug gegen Martin Esswein (DWZ 1836). In einer seltenen Eröffnung glänzte er am Brett mit genauen Zügen und erarbeitete sich peu à peu eine klare Gewinnstellung.
Esswein wurde in die Defensive getrieben, und es schien so, als wäre es nur noch eine Frage der Zeit bis zum „coup de grâce „.  Eine entscheidende Ungenauigkeit änderte jedoch schlagartig – wie so oft im Schach – die Situation, Esswein befreite sich aus der tödlichen Umklammerung und setzte zum Gegenschlag an. Eine unparierbare Mattdrohung zwang Krug schließlich zur Aufgabe.
Der Pokal wird nicht das Turnier von Marcus Krug werden, einem so guten Schachspieler wie ihm muss es doch fast körperliche Schmerzen bereiten, gewonnene Stellungen förmlich zu pulverisieren !

Passend zum Zwetschgenkuchen servierte mir mein Gegner Manuel Schilling (DWZ 1722) eine Wiener Partie (ECO C26), ich war aber nicht bereit den
„Schlagobers“ auf seinen „Kleinen Braunen“ (wienerisch für Kaffee) zu drapieren und übte von Anfang an starken Druck auf die gegnerische Stellung aus. Nach 11 Zügen wurde die kritische Partiestellung erreicht, und ich spielte mit Schwarz den Bauern auf e4, die spätere Analyse mit Houdini gab mir Recht. Der Zug war nicht direkt offensichtlich, eröffnete aber eine große Bandbreite taktischer Motive.
Eine Ungenauigkeit Schillings führte zu Figurenverlust. Das Schlussbild war problemartig, ein weiterer taktischer Schlag mit Bauerngewinn führte zur Aufgabe des Gegners.

Der Turm darf wegen Matt natürlich nicht genommen werden...
Der Turm darf wegen Matt natürlich nicht genommen werden…

Dieser Sieg war aber nur noch für die Galerie, denn das dadurch erreichte 2:2 reichte nach der Berliner Wertung nicht mehr zum Einzug in die nächste Runde.

Mathias

Über den Autor: Mathias Guthmann schreibt unter anderem für kulinarische Zeitschriften und den Schachsport. Seine Essays und Kurzgeschichten haben eine hohe Reichweite und werden in verschiedensten Fachmagazinen, auch international, publiziert. In der freien Wirtschaft berät der Autor eine Firma zu PR-Strategien.

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