Die Saison ist fast gelaufen, viele Siege, keine Niederlagen, uBu der „etwas andere“ Schachclub stellt 2 Schachspieler im Interview vor: Jürgen Lutz spielt in der 1. Mannschaft echtes Kampfschach mit zeitloser Eleganz, Moritz Kühner (2.Mannschaft) traut sich auch aus der Defensive starken Gegnern Paroli zu bieten.
M.: Blankenloch ist ein weiterer Club, der in dieser Klasse gegen uBu unter die Räder kam, woher nimmt uBu 2011/2012 dieses fast schon“brutale“ Selbstbewußtsein?
Jürgen: Ubu hat in dieser Klasse einfach nix verloren! Die bisherigen Ergebnisse sprechen für sich, jeder Kommentar über die jeweiligen Gegner verbietet sich aus Respekt .
M.: Moritz, welcher Sieg hat in dieser Saison persönlich den größten Wert für dich?
Also am meisten habe ich mich über den Sieg gegen Andreas Wohlfrom gefreut. Erstens, da es mein erster Sieg gegen einen Spieler dieser Stärke war, zweitens habe ich bei diesem Spiel viel Selbstvertrauen für den Rest der Saison gewonnen und drittens war es für unsere Mannschaft wichtig beim KSF auch an den hinteren Brettern zu punkten.
M.: Jürgen, du bist ja von einem anderen Schachclub zu uns gekommen, was hat dich dazu bewogen?
Das Ubu war und ist meine Stammkneipe in KA. Da meine schachlichen Ambitionen nach der letzten Saison kaum noch vorhanden waren, dachte ich, für die A-Klasse reichts dennoch, zu Ubu wirst ja sowieso irgendwann mal wechseln, warum nicht schon diese
Saison. Außerdem wächst mit Ubu ein absolut sympathischer Verein in Karlsruhe heran und ich bin mittlerweile sehr stolz darauf, dazu zu gehören!
M.: Jürgen, ein so junger und ehrgeiziger Club wie uBu regt zum Träumen an, ist der Druck dadurch größer oder kann man damit sogar besser umgehen als bei einem „etablierten Verein“, der vielleicht schon seit Jahrzehnten starke Spieler in die Ligen schickt?
Jeder Aufstieg ist mit sehr viel Euphorie verbunden und weckt neue Ziele und Begehrlichkeiten! Ubu 1 ist ja durchaus mit diesen
etablierten Spielern aus Landesliga und höher bestückt ( Sven H., Marcus, Uwe, Klaus und meine Wenigkeit ), hinzu kommen trainingsfleißige und talentierte Spieler, die sich verbessern wollen. Diese Mischung verspricht noch viel Erfolg und
mittelfristig sehe ich Ubu in der Bereichsliga, wenn nicht sogar Landesliga!
M.: Moritz, welche schachlichen Vorbilder hast du?
schwere Frage, da ich mich noch zuwenig mit Meisterpartien beschäftigt habe. Allerdings gibt es eine Partie von Bobby Fischer gegen Fine, bei der Fischer ein Evans-Gambit auspackte und Fine nach 17 Zügen aufgab. Unter den aktuellen Spielern ein Magnus
Carlsen und natürlich Vishy Anand. Die Fischer Partie hat mich schon immer schwer beeindruckt…
M.: ich darf den Ball an dich weitergeben Jürgen -Bobby Fischer-hat er dich beeinflusst?
Fischers Motivation war ja nicht nur den Gegner zu besiegen, nein, er wollte sie regelrecht zerstören! Nur so können diese Kandidatenwettkämpfe von zweimal 6:0 erklärt werden! Fischer war am und außerhalb des Brettes eine Persönlichkeit, seine Vita
beschäftigt mich schon sehr lange. Was mich an Fischer immer wieder fasziniert ist sein schier unbegrenztes Selbstbewusstsein!
M.:Jürgen, eine technische Frage: Konntest du während der Begegnung gegen Blankenloch 2 -außer deiner eigenen- noch eine andere Partie verfolgen? Das Ergebnis stand ja früh fest!
Ja, vor allem das letzte laufende Spiel, es stand 7:0 und wir wollten unsere weiße Weste zu Hause bewahren und wieder zu Null gewinnen. Von daher verfolgte ich die Partie von Klaus schon allein aus dieser Motivation heraus. Leider verflachte die Partie zunehmends und der über 400 DWZ schwächere Gegner holte sich ( in meinen Augen dann auch verdient ) den halben Punkt ab.
M.: Moritz, fühlst du einen erhöhten Adrenalinausstoss, wenn du versuchst einen Angriff genau durchzuführen, oder eine schwierige Stellung zu halten?
Wenn ich eine schwere Stellung zu halten versuche, oder einen Angriff durchrechne und diesen ausführe bin ich hauptsächlich darum bemüht mich 100% zu konzentrieren und Fehler zu vermeiden.
M.: Frage an Jürgen und Moritz: ist Schach nicht eine Nischensportart, die zumeist nur für Kopfschütteln unter der „Normalbevölkerung“ sorgt, und zudem vielleicht auch noch als als totaler „Sexkiller“ gilt ? Ich vereinfache die Frage mit einer Aussage unseres Kollegen Dr. Sven Hermann , er sagt: Meine Frau weiß, dass es mir besser geht wenn ich Schach spiele !
Jürgen: Ein Trainingsabend mit den Leuten vom Ubu und sämtliche Vorurteile, Leute die Schach spielen sind zumeist nur Nerds oder sozial ausgegrenzte, würden aus der Welt fallen. Gerade der SC Ubu verkörpert das coole Miteinander ( und das nicht nur im Schach) auf eine Art und Weise, die ich bisher nur bei Fußballvereinen gesehen habe
Moritz: dem kann ich mich nur anschließen. Der SC uBu erfüllt überhaupt nicht das Vorurteil das man oft über Schachspieler hört.
M.: ich bedanke mich für dieses wunderbare Gespräch mit diesen beiden Schachspielern, es wirft ein glänzendes Licht auf dieses Spiel, auf die Gegner und auf das Befinden am Brett, auf die Kombinationen und die Möglichkeiten der Phantasie auf den 64 Feldern!
Die von Moritz angesprochene Partie Fischer, Fine 1963:
…“Jürgen Lutz spielt in der 1. Mannschaft echtes Kampfschach mit zeitloser Eleganz“…
Ich kann nur hoffen, das nimmt keiner auch nur ansatzweise ernst 😉 Krampfschach schon eher, zeitlos definitiv, komme ja beinahe in jeder Partie in Zeitnot ^^ und Eleganz höchstens in Bezug auf mein Äußeres 🙂
Aber sind wir doch ehrlich, in der A-Klasse ( mit ner DWZ von 1900 oder höher ) kannste doch nur als Volldepp dastehen, ums auf den Punkt zu bringen. Gewinnste, isses für alle ein Pflichtsieg gewesen, remisierste oder gar verlierste, biste der Trottel der Klasse. In gewisser Weise isses nix anderes, als wenn die Bayern zu Hause gegen Freiburg spielen!
… „Meine Frau weiß, dass es mir besser geht, wenn ich Schach spiele.“
Also das muss ich natürlich kommentieren 😉 Ich bin schon lange fest davon überzeugt, dass Schach ein vollwertiger Sport ist. Es ist zum einen der starke Wettkampfcharakter „eins-gegen-eins“ wie z.B. auch bei Tischtennis und Boxen. Zum anderen werden dem Körper auch starke Leistungen abverlangt, nicht zuletzt deshalb, weil das Gehirn bei entsprechender Beanspruchung viel Energie umsetzt.
„Das Gehirn ist ein sehr aktives Organ mit einem besonders hohen Sauerstoff- und Energiebedarf. Es macht durchschnittlich nur etwa 2 % der Körpermasse aus, verbraucht aber etwa 20 % des Sauerstoffs und mehr als 25 % der Glukose.“ (Wikipedia)
Kurz: Schachspielen macht den Kopf frei! (ganz ähnlich wie Schwimmen oder Laufen.) Danach ist dann wieder viel Platz für Familie, Beruf oder andere Dinge.
Hey Jürgen, Moritz: Schickt mir bitte noch ‚mal eure Star-Schnitte in höherer Auflösung zu, damit ich sie zusammen mit dem gelungenem Interview der Bravo weiterleiten kann 😉