Zugumstellung, Zeitnot, Schnellschach und Klammern

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Eine klare Niederlage gab es am Sonntag gegen die Schachfreunde aus Reilingen (2,5:5,5), Spiellokal war diesmal die Friedrich List Schule,  bei der AWO wird immer noch umgebaut.
Leicht verspätet traf die gegnerische Mannschaft ein, und der Kampf an den Brettern konnte beginnen. Reilingen war gut aufgestellt:

reilingen

Bei uns wieder an Bord: Wolfgang Henn und Klaus Brück, eigentlich ein gutes Omen, leider ist aber zur Zeit der Wurm drin, eine schwere Saison.

Die längste und wahrscheinlich auch interessanteste Partie des Tages gab es an Brett 2: Krug gegen Diosu. Taktische Finessen zwangen die Kontrahenten zu rechnerischen Höchstleistungen, in solchen Stellungen reicht eine kleine positionelle Ungenauigkeit aus  und alles ist aus dem Gleichgewicht. Plötzlich gibt es dann Zugwiederholung oder Dauerschach. Prinzipiell war unser Mann aktiver, Diosu aber beherrscht die „Kunst des Klammerns“ jedenfalls hat er das am Sonntag unter Beweis gestellt, er fand eine Reihe „einziger Züge“. Obwohl Marcus alles versuchte, reichte es am Ende nur für das Remis.

„Das hätte ich besser spielen können“, so der Kommentar von Wolfgang Weiler nach seiner Niederlage gegen Wühl. Viel mehr ist dazu tatsächlich nicht zu sagen, ein notwendiger Zwischentausch wurde unterlassen, manchmal muss man eben die Stellung etwas verflachen um zum Erfolg zu kommen. Aber wer reduziert schon gerne sein Material?

An 3 kam Dr. Sven Hermann in Zeitnot. Das ist immer sehr unangenehm. Wären die Damen auf dem Brett verblieben,  hätte man auf jeden Fall mit Perspektiven weiter spielen können. So aber hatte der Schwarze König, flankiert von 2 Läufern und einem Springer keine Chance gegen Turm, Leichtfigur und einen Freibauern.

Ich selbst muss das Phänomen der Zugumstellung in Zukunft besser studieren. In meiner Partie gegen Peter Fasel dachte ich nämlich ich hätte es mit einer solchen zu tun, weit gefehlt, tatsächlich gab es nur die eine korrekte, perfekte und einzige Zugfolge, ein Jammer ist das. Und so musste ich mich am Ende geschlagen geben nachdem ich noch etwas Druck auf dem Brett simuliert habe, das waren aber Potemkinsche Dörfer.

Wolfgang Henn an 5 ging die Partie gegen Willi Damrau ganz klar zu forsch an. Ich verstehe es, dass ein Routinier gerne mal in die – mit dem Fundus tausender Partien gut gefüllte – Kiste langt, um ein schnelles „Sudden Death“ zu erzwingen. Dabei kann man sich aber leicht vergreifen, so auch hier. Ein Fingerfehler beendete alle Ambitionen, Zack-Bumm-Aus.

Endspiel-Experte Klaus Brück mag sich in seinem Element gefühlt haben. Lange Berechnungen mit wenigen Figuren auf dem Brett, da kennt er sich aus. Gegen Isinger suchte er zielgerichtet genau diese Situation. Ein Mehrbauer sicherte ihm schließlich den Sieg. Gratulation Klaus!

Mann der Stunde in meinen Augen: Ignaz Rutter. Im Fußball gibt es die optimale Chancenverwertung, jeder Angriff ein Tor. Ignaz scheint sich das eingeprägt zu haben. Selten so zielgerichtete und systematische Aktionen gesehen. Überblick, Weitsicht und Verständnis des Spiels, der Hammer! Neuhold an 8 hatte nicht den Hauch einer Chance.
Ignaz, vielleicht setzen wir uns ja mal zusammen, und du erzählst mir,  welche effektiven Trainingsmethoden bei dir zum Einsatz kommen, dein Spiel jedenfalls hinterlässt einen durch und durch hervorragenden Eindruck, da ist eine Menge Potential drin. Bereits jetzt ziehst du schon eine fette Blutspur hinter dir her. Bravo!

Rookie Mischa hat schon einiges auf dem Kasten. Gestern musste er aber etwas Lehrgeld bezahlen, allerdings gegen einen Gegner der nicht zu unterschätzen ist und 300 DWZ höher liegt.
Das ist kein Beinbruch und wie ich unseren Jung-Profi kenne,  wird er sich kurz den Mund abwischen und den Blick auf kommende Partien lenken!

Schwierig, schwierig,  diese Saison. Aber wir schaffen die Wende, wenn möglich bitte recht schnell, damit wir alle mal wieder ruhig schlafen können.

Mathias

Über den Autor: Mathias Guthmann schreibt unter anderem für kulinarische Zeitschriften und den Schachsport. Seine Essays und Kurzgeschichten haben eine hohe Reichweite und werden in verschiedensten Fachmagazinen, auch international, publiziert. In der freien Wirtschaft berät der Autor eine Firma zu PR-Strategien.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. übrigens habe ich noch eine kleine Anmerkung zur Partie von Dr. Sven Hermann:
    Ich selbst hätte längst den Schiedsrichter bemüht, die ständig mündlich ausgesprochenen Schachgebote seines Gegners sind nicht gestattet und werden üblicherweise als Ablenkung mit Ermahnung betraft, ich weiß das aus Erfahrung Leute!
    Da habe ich sehr mitgefühlt mit unserem Vereinskollegen,

    Mathias

  2. Juergen

    Sehr guter Bericht Mathias! Man kann den Ablauf des Matches, auch als Nichtbeteiligter, sehr gut nachvollziehen! Sieht man sich die „nackten“ DWZ Zahlen an, so fällt auf, dass bei „normalem“ Ablauf bei Sven H. und Wolfang H. ein Sieg sehr warscheinlich gewesen wäre. Dann wäre der Kampf mit 4,5 : 3,5 zu Gunsten von uns ausgegangen. Abhaken, Mund abwischen und weiter machen…
    Lasst uns versuchen, es gegen Ketsch besser zu machen.

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